Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ist seit 2004 in Deutschland gesetzlich verankert und für Arbeitgeber:innen verpflichtend (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Es soll dazu beitragen, die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmer:innen zu erhalten, wenn sie länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind und gehört damit in den Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Die Arbeitsfähigkeit soll gefördert werden und der Arbeitsplatz durch frühstmögliche Rückkehr gesichert werden. Dabei ist der Einsatz eines strukturierten Prozesses und systematischer Vorgehensweisen sind für den Erfolg des BEM maßgeblich.
In verschiedenen Städten wie München, Köln oder Hamburg haben die Unternehmen und Institutionen unterschiedliche BEM-Strukturen und -Prozesse entwickelt. Dabei gibt es jedoch keine universelle Lösung, da die Anforderungen und Anwendungsmöglichkeiten von Unternehmen zu Unternehmen variieren können. Viele deutsche Institutionen wie die Deutsche Rentenversicherung bieten Handlungsempfehlungen, um den Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung des BEM zu unterstützen. Das Thema ist fortwährend aktuell und beschäftigt die meisten Unternehmen von Zeit zu Zeit.
Im Rahmen des BEM wird ein systematischer Ablauf verfolgt, der typischerweise folgende Schritte beinhaltet:
Die Identifizierung der betroffenen Arbeitnehmer:innen
Die formale Einladung zum BEM-Gespräch (Erstgespräch)
Die Vorbereitung und Durchführung des BEM-Gesprächs
Die Erstellung eines individuellen Eingliederungsplans
Die Umsetzung der Maßnahmen
Die Evaluation des Eingliederungsprozesses.
In jedem Schritt ist der Datenschutz der betroffenen Arbeitnehmer:innen zu beachten und die Umsetzung sollte in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen stattfinden.
Prozess des betrieblichen Eingliederungsmanagements
Das BEM ist ein mehrstufiger Prozess, dessen unterschiedliche Stufen bei der Umsetzung zu beachten und strategisch durchzuführen, sowie im Vorfeld für das eigene Unternehmen zu definieren sind.
Das BEM-Gespräch ist ein zentraler Bestandteil des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Im Rahmen des Gesprächs werden die Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres mehr als sechs Wochen ausgefallen sind über das BEM informiert. Transparenz im Verfahren und Datenschutz sind dabei von großer Bedeutung. Es ist wichtig, dass die betroffenen Personen ausreichend informiert werden und ihre Zustimmung zum BEM-Verfahren geben.
Ein strukturierter Prozess und systematische Vorgehensweisen sind bei der Durchführung des BEM-Verfahrens hilfreich. Diese beinhaltet die frühzeitige Planung und Implementierung von Maßnahmen, um die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen zu erhalten und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen. Die erfolgreiche Umsetzung hängt von der Planung, der durchdachten Implementierung und der positiven Gesprächsführung ab. Dabei ist es besonders wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen. Der/die Mitarbeiter:in hat bei dem gesamten Prozess ein Mitbestimmungsrecht.
Im Rahmen des BEM-Prozesses werden verschiedene Daten erhoben, um die Situation und Bedürfnisse der betroffenen Beschäftigten zu erfassen und Lösungsansätze zu entwickeln. Hierbei ist der Schutz der personenbezogenen Daten von größter Wichtigkeit. Die im Verfahren erfassten Daten sollten transparent dargestellt und für die Betroffenen nachvollziehbar sein. Zudem sollten Unternehmen auf die Umsetzung der DSGVO hinsichtlich der verwendeten Daten achten.
Die Verwendung dieser Daten dient dazu, die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen der betroffenen Beschäftigten besser zu verstehen und passgenaue Maßnahmen entwickeln zu können. Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen gewährleistet dabei, dass die erhobenen Informationen vertraulich behandelt und nur für den Zweck des BEM eingesetzt werden.
Wiedereingliederung vs. Stufenweise Wiedereingliederung
Die Wiedereingliederung nach Fehlzeiten ist ein wichtiger Prozess, um Arbeitnehmer:innen wieder in den Arbeitsmarkt zurückzuführen, ohne sie gleich zu überlasten. Ziel der Wiedereingliederung ist es, die betroffenen Arbeitnehmer:innen schrittweise an die volle Arbeitsbelastung am bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz heranzuführen, sodass sie wieder erfolgreich in das Berufsleben eingegliedert werden können.
Dabei wird die stufenweise Wiedereingliederung im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements besonders bei länger andauernden Erkrankungen angewandt. In diesem Anwendungsfall erfolgt die Rückkehr zur vollen Berufstätigkeit in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten, um den/die Arbeitnehmer:in nicht zu überfordern bzw. zu überlasten. Dieses Verfahren kann im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements bei krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres angewendet werden. Wenn beispielsweise ein:e Arbeitnehmer:in den Status einer Schwerbehinderung erlangt hat steht seine/ihre Sicherheit und Gesundheit an erster Stelle. Natürlich gestaltet sich die Wiedereingliederung von schwerbehinderten Menschen anders als bei Personen, die einfach 6 Wochen krank waren.
Die stufenweise Wiedereingliederung beginnt auf der Basis eines individuellen Wiedereingliederungsplans, in dem festgelegt wird, in welchem Umfang und in welchen Schritten der/die Arbeitnehmer:in in den Arbeitsprozess zurückkehren kann. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber:in, Arbeitnehmer:in und den beteiligten sozialversicherungsrechtlichen Trägern (z.B. Kranken- oder Rentenversicherung) erforderlich. Der Plan gibt vor, welche Tätigkeiten der/die Arbeitnehmer:in zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang aufnehmen kann und berücksichtigt dabei auch die Einschätzung der behandelnden Ärzte.
Dabei ist es gut möglich, dass die Beschäftigungsmöglichkeit der am Wiedereingliederungsprozess teilnehmenden Arbeitnehmer:innen variieren kann und von der Art und Schwere der Erkrankung sowie vom Heilungsfortschritt abhängig ist. Eine realistische Einschätzung wird in regelmäßigen Abständen verifiziert, damit man den Prozess genau auf die Bedürfnisse und Erfordernisse seitens des/der Arbeitnehmer:in anpasst. Es kommt vor allem darauf an, die Belastbarkeit und das Leistungsvermögen des/der Arbeitnehmer:in zu berücksichtigen und entsprechend zu steigern, ohne die Genesung zu gefährden.
Die am BEM beteiligten Parteien
Bei einem Wiedereingliederungsprozess sind verschiedene Parteien beteiligt. Neben dem BEM-Team, was die Umsetzung des betrieblichen Eingliederungsmanagements plant und umsetzt ist meist auch, wenn vorhanden, der Personalrat involviert, sowie die Schwerbehindertenvertretung. Die BEM-Beauftragten haben zur Hauptaufgabe, die Koordination und Organisation des gesamten Prozesses inklusive der Identifizierung möglicher Ursachen für die Arbeitsunfähigkeit umzusetzen. Diese sollen dann in den BEM Angeboten für den/die Mitarbeiter:innen münden. Wichtig ist, das die Mitglieder des Teams auch gleichzeitig Vertrauensperson für die Mitarbeiter:innen sind, da das Thema BEM oftmals mit dem persönlichen Schicksal eng verankert sind.
Der Personalrat spielt als Interessenvertretung der Mitarbeiter:innen ebenfalls eine wichtige Rolle im BEM-Prozess. Er hat das Recht, in allen Angelegenheiten, die das betriebliche Eingliederungsmanagement betreffen, beteiligt und konsultiert zu werden. Dies schließt die Information über die Einleitung eines BEM-Verfahrens, die Teilnahme an BEM-Gesprächen und die Mitwirkung bei der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zur Wiedereingliederung ein.
Die Schwerbehindertenvertretung kommt im Rahmen des Prozesses zum Einsatz, wenn es um die Belange von schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten geht. Sie ist bei allen Maßnahmen, die in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Eingliederung dieser Mitarbeiter:innen stehen, zu beteiligen und hat ein Anhörungsrecht. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Interessen der betroffenen Mitarbeiter:innen angemessen berücksichtigt werden und die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wiedereingliederung geschaffen werden.
Das Bundesarbeitsgericht besagt auf jeden Fall, dass man als Arbeitgeber:in verpflichtet ist, die Initiative zum BEM zu ergreifen, wenn der/die Arbeitnehmer:in mehr als 6 Wochen am Stück oder verteilt im Jahr krank war.
Arbeitshilfen und Organisation
Bei der Umsetzung des BEM ist es entscheidend, systematische Vorgehensweisen und Arbeitshilfen zur Verfügung zu haben. Beispielsweise bietet die AOK Arbeitgeber:innen praktische Arbeitshilfen für das BEM zum Download an, die helfen, den Prozess zu organisieren und erfolgreich umzusetzen.
Ein strukturierter Ablauf ist unerlässlich für eine gelungene Umsetzung des BEM-Verfahrens. Die Planung und Implementierung der Prozesse bilden die Grundlage für erfolgreiche Eingliederungsmaßnahmen. Dabei sollten die folgenden Schritte beachtet werden:
Klare Kommunikation der Ziele und Vorteile des BEM für Arbeitnehmer:in und Unternehmen
Sensible und respektvolle Gesprächsführung
Aktive Einbindung der betroffenen Person in den Entscheidungsprozess
Kooperation mit internen und externen Akteuren (z.B. Betriebsarzt, Sozialversicherungsträger)
Krankheitsbedingte Kündigung
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist eine personenbedingte Kündigung, die aufgrund von Krankheit und den dadurch entstehenden Folgen für den Betrieb ausgesprochen wird. Die gesetzliche Grundlage des BEM hat auch Auswirkungen auf die krankheitsbedingte Kündigung, denn ein:e Arbeitgeber:in muss vor einer solchen Kündigung bereits ein BEM eingeleitet und durchgeführt haben.
Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen des BEM alle Möglichkeiten zur Wiedereingliederung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des/der Mitarbeiter:in geprüft und ausgeschöpft werden müssen. Eine krankheitsbedingte Kündigung darf nur als allerletzte Option in Betracht gezogen werden, wenn das BEM keine Lösung für eine weiterführende Beschäftigung des/der Mitarbeiter:in gefunden hat.
Integration und Beschäftigungsfähigkeit
In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit der Rolle des Integrationsamtes und der Weiterbeschäftigung im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM), um die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter:innen zu erhalten und zu fördern.
Integrationsamt
Das Integrationsamt ist eine zentrale Anlaufstelle für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen bei der Umsetzung des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Es unterstützt bei der Koordination und Beratung dieser Prozesse, um die Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeiter:innen zu erhalten und zu fördern. Zu den Aufgaben des Integrationsamtes zählen unter anderem:
Beratung von Unternehmen und Arbeitnehmer:innen bei der Umsetzung von BEM-Maßnahmen
Finanzielle Unterstützung bei der behindertengerechten Umgestaltung von Arbeitsplätzen
Vermittlung von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen
Ziel des BEM: Weiterbeschäftigung
Die Weiterbeschäftigung von langzeitkranken Mitarbeiter:innen ist ein zentrales Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Um dies zu erreichen, sollten folgende Maßnahmen in Erwägung gezogen werden:
Anpassung der Arbeitsbedingungen an die gesundheitlichen Einschränkungen
Umgestaltung von Arbeitsplätzen, um das Arbeitsumfeld für den/die Mitarbeiter:in besser zugänglich und sicherer zu gestalten
Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungsangebote, um die Fähigkeiten der Betroffenen zu erweitern und flexibler einzusetzen
Bei Zustimmung des Betroffenen: Stufenweise Wiedereingliederung nach längerer Krankheitsphase, um den/die Mitarbeiter:in behutsam und nachhaltig wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren
Durch diese Maßnahmen können sowohl Integrationsamt als auch Arbeitgeber:innen dazu beitragen, die Beschäftigungsfähigkeit und Integration der Mitarbeiter:innen zu fördern und langfristig einen erfolgreichen beruflichen Wiedereinstieg sicherzustellen.
Software zur Wiedereingliederung
Auch bei dem Thema Wiedereingliederung kann wie in vielen anderen Bereichen aus dem Personalbereich eine Softwarelösung wie flair Anwendung finden. Zum Einen können hier Zeiten runtergestuft und im System erfasst werden, sodass der/die Arbeitnehmer:in davor geschützt wird, direkt wieder zu viel zu arbeiten. Die Software von flair ermöglicht es auch, eine Erinnerung an die Pausen einzustellen.
Zudem können Workflows definiert, verwaltet und den Mitarbeiter:innen eingestellt werden. Das kann besonders dann helfen, wenn neue Arbeitsbereiche erschlossen werden müssen, weil die alten Aufgaben beispielsweise aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht mehr ausgeübt werden können.
Des Weiteren können durch digital festgehaltene Zielvereinbarungen und der Verfolgung des Fortschritts ebendieser geschaut werden, wie gut der/die Mitarbeiter:in mit dem geplanten Workload zurecht kommt. Beim BEM ist es essenziell wichtig, immer wieder die geplanten Umsetzungen zu validieren und an die Bedürfnisse des/der Mitarbeiter:in anzupassen. Dies ist ein fortlaufender Prozess, der während der Durchführung des gesamten BEM mehrfach wiederholt werden muss.
Durch die HR-Allround Software flair, ist die digitale Personalakte für relevante Involvierte einsehbar. Das macht vieles leichter, besonders für die Planung und Umsetzung von personenbezogenen Maßnahmen.
Fazit
Das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement kann ein wirkungsvolles Instrument sein, um Arbeitnehmer:innen nach einer langen Krankheitsphase wieder in ihren Arbeitsalltag einzugliedern. Eine Software kann viele Prozesse innerhalb des BEM begleiten, vereinfachen und optimieren. Bei der Umsetzung gibt es einige Richtlinien, Gesetze und Verordnungen zu beachten, weshalb man sich als Arbeitgeber:in unbedingt mit diesen vertraut machen und im Zweifel eine Rechtsberatung zur Hilfe nehmen sollte.
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