Bereitschaftszeiten oder Bereitschaftsdienste sind ein Thema, welches rund 7 Prozent aller Arbeitnehmer:innen in Deutschland regelmäßig betrifft. Besonders üblich ist die Arbeitszeit auf Abruf in medizinischen Berufen, aber auch bei der Polizei, Feuerwehr, im Sicherheitsdienst und auch in einigen handwerklichen Berufen. Spricht man von Bereitschaft, dann findet der potenzielle Arbeitseinsatz außerhalb der regulären Arbeitszeit statt. Dies stellt Arbeitnehmer:innen natürlich vor eine Vielzahl an Herausforderungen. Unter anderem bleiben weniger Zeit zur Erholung, für Freunde oder die Familie, da immer mit einem Anruf gerechnet werden muss. Entsprechend emotional wird es dann beim Thema Vergütung – schließlich heißt Bereitschaftszeit zu leisten auch einige Opfer zu bringen. Wer neben dem eigentlichen Job noch für eine zusätzliche Arbeitsbereitschaft herhalten muss, der will sich das in der Regel auch gut bezahlen lassen.
Doch, welche Regelungen gelten im Detail? Für viele Arbeitnehmer:innen und auch Arbeitgeber:innen wirft das Thema Vergütung bei Bereitschaftszeiten immer noch viele ungeklärte Fragen auf. Der nun folgende Artikel soll sich daher einmal mit den komplexen Regelungen, sowie den rechtlichen Aspekten in puncto Bereitschaftszeitvergütung in Deutschland befassen. Außerdem sollen die verschiedenen Arten von Bereitschaftszeiten, wie beispielsweise Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften, detaillierter erklärt werden. Tauche mit uns daher ein in die spannende Welt der Bereitschaftszeitvergütung und erfahre, wie beide Seiten hiervon gleichermaßen profitieren können.
Was ist Bereitschaftszeit und Bereitschaftsdienst?
Als Bereitschaftszeit, oder Bereitschaftsdienst, wird jene Zeit bezeichnet, in der sich der/die Arbeitnehmer:in für dienstliche Zwecke in Bereitschaft halten muss. Dieser muss seine Arbeitskraft also auf Abruf einsetzen können (insofern dies notwendig sein sollte). Da die Arbeitsbereitschaft nur auf Abruf erfolgt, muss der/die Arbeitnehmer:in nicht vor Ort sein, um diese abzuleisten. Je nach Art und Ausprägung des Bereitschaftsdienstes kann dies beispielsweise auch zu Hause sein (oder an einem anderen Ort, von dem aus die Arbeitsstelle schnell erreicht werden kann).
Die Bereitschaftszeit findet in einem Zeitraum außerhalb der Arbeitszeit statt und ist für unvorhergesehene Einsätzebestimmt. Im Bedarfsfall musst Du als potenzielle/r Arbeitnehmer:in innerhalb einer bestimmten Frist am Arbeitsort erscheinen. Oftmals ist dies in Berufen mit physischer Anwesenheit der Fall, wobei es mittlerweile auch viele Schreibtischtätigkeiten gibt, in denen Bereitschaftszeiten notwendig sind. Wie auch bei der tatsächlichen Arbeitszeit, so greifen auch bei der Bereitschaftszeit Arbeitszeitregelungen. Arbeitnehmer:innen haben folglich das Recht auf eine Vergütung der zusätzlich zur regulären Arbeit geleisteten Bereitschaft. Schauen wir uns im Folgenden noch genauer an, welche feinen Unterschiede zwischen Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften bestehen – Bereitschaftszeit ist hier nämlich nicht gleich Bereitschaftszeit.
Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?
Das deutsche Arbeitsrecht kennt in Bezug auf Bereitschaftszeit zwei unterschiedliche Arten (genau genommen sind es sogar drei!): die Rufbereitschaft und den Bereitschaftsdienst (und auch die Arbeitsbereitschaft). Sie alle haben eines gemeinsam: Es handelt sich hier nicht um normale Arbeitszeit. Und dennoch darf der/die Arbeitgeber:in diese verordnen. Die einzelnen Dienstarten unterscheiden sich dabei wie folgt:
Bereitschaftsdienst: Bei einem Bereitschaftsdienst verbringen Arbeitnehmer:innen ihren Dienst in der Regel in unmittelbarer Nähe zur Arbeit. Die ist erforderlich, damit diese im Notfall sofort einsetzbar sind. Typische Beispiele hierfür sind:
Ärzt:innen im Krankenhaus oder Krankenschwestern
Rettungssanitäter:innen
Feuerwehrleute
Soldat:innen
Polizist:innen
Ein Feuerwehrmann verbringt seinen Bereitschaftsdienst beispielsweise auf der Wache. In diesem Fall ist der Bereitschaftsdienst Arbeitszeit und zählt in die wöchentliche Höchstarbeitszeit mit rein. Vergütungstechnisch gelten der individuelle Arbeitsvertrag, beziehungsweise der gültige Tarifvertrag gemäß Betriebsvereinbarung.
Rufbereitschaft: Deutlich lockerer läuft es da bereits bei der Rufbereitschaft ab. Bei dieser kannst Du also potenzielle/r Beschäftige/r deinen Aufenthaltsort während der Bereitschaft selbst bestimmten. Du musst dich also nur für einen eventuellen Einsatz bereithalten. Insgeheim wird aber erwartet, dass Du dich binnen einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort befinden kannst. Die reine Rufbereitschaft gilt daher nicht als Arbeitszeit, wohl aber tatsächliche Einsätze (was beispielsweise auch bei Telefonaten oder dem Beantworten von E-Mails der Fall wäre). Typische Beispiele für die Rufbereitschaft sind wiederum:
Schlüsselnotdienste
IT-Servicemitarbeiter:innen
Servicetechniker:innen
Lagerfachangestellte
Winterdienste
Arbeitsbereitschaft: Sie stellt eine Sonderform unter den Bereitschaftszeiten dar und ist tatsächlich als reine Arbeitszeit zu verstehen, in der Arbeitnehmer:innen am Arbeitsort anwesend sein müssen. Diese müssen nur „im Zustand wacher Achtsamkeit bereitstehen“. So kommt es nicht selten vor, dass Arbeitnehmer:innen in Arbeitsbereitschaft über längere Phasen keine Aufgaben auszuführen haben. Typische Beispiele für die Arbeitsbereitschaft sind:
Wasserwerk- oder Elektrizitätswerkangestellte
Einzelhandelskaufmänner/frauen
Taxifahrer:innen
Gesetzliche Regelungen für Bereitschaftsdienste
Gerade was Bereitschaftsdienste betrifft, so sind gesetzliche Regelungen von zentraler Bedeutung. Denn trotz Bereitschaftszeiten müssen geregelte Abläufe und angemessene Arbeitsbedingungen (die zum Beispiel auch genügend Ruhepausen vorsehen) eingehalten werden. Daher hat der Gesetzgeber diverse Vorschriften erstellt, die die Balance zwischen den individuellen Arbeitspflichten und der persönlichen Ruhezeit wahren sollen. Die nun folgenden Unterabschnitte werden dir daher einmal interessante Fakten rund um die Themen Vergütung, Ruhezeiten sowie Arbeitszeitbegrenzungen und Betriebsvereinbarungen aufzeigen.
Bereitschaftsdienst im Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
Der Europäische Gerichtshof (kurz: EuGH) stufte jegliche Bereitschaftszeit in einem Urteil aus dem Jahre 2000 als Arbeitszeit ein. Dies ist dabei unabhängig von der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung zu betrachten. Arbeitgeber:innen müssen, die während der Bereitschaftsdienste geleistete Arbeitszeit demnach der regelmäßigen Arbeitszeit hinzurechnen – und müssen die gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeit von maximal 48 Arbeitsstunden pro Woche beachten. Kurzfristig können die 48 Stunden zwar überschritten werden, im Verlauf von 6 Monaten dürfen jedoch durchschnittlich nicht mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Auch die tägliche Arbeitszeit ist begrenzt. Und zwar auf maximal 8 Stunden – auch hier können Abweichungen stattfinden, wenn die wöchentliche Arbeitszeit die besagten 48 Stunden nicht überschreitet. Die gesetzliche Grundlage für Bereitschaftsdienste liefert im Übrigen die Regelung zur Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG.
Vergütungspflicht und Mindestlohn für Bereitschaftszeiten
Da Bereitschaftszeiten als reguläre Arbeitszeit eingestuft werden, hat seit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes im Jahre 2016 während dieser folglich jede/r Arbeitnehmer:in Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Dieser beläuft sich seit Oktober 2022 auf 12,00 Euro Stundenlohn. Auf Wunsch können Arbeitnehmer:innen beim/bei der Arbeitgeber:in auch Freizeitausgleich für die geleisteten Bereitschaftszeiten beantragen. Dies gilt auch für Nachtarbeit und ist wiederum im § 6 Abs. 5 ArbZG geregelt. Gemäß dieses Paragrafen ist ein Nachtzuschlag für eine Nachtbereitschaft zwar keine Pflicht, es muss jedoch ein angemessener Zuschlag, beziehungsweise eine Option für Freizeitausgleich geschaffen werden.
Zuschläge und Sonderregelungen
Auch die sogenannte Bereitschaftsdienstzulage stellt ein steuerfreier Zuschlag gemäß § 3b Einkommenssteuergesetz (EStG) dar. Die reine Rufbereitschaft ist hiervon jedoch ausgenommen, wenn es nicht zu einem tatsächlichen Einsatz kommt. Zusätzlich gezahlte Bereitschaftsdienstzulagen sind lohnsteuer- und damit auch sozialversicherungspflichtig. Somit sind auch potenzielle Feiertagszuschläge während der Bereitschaftsdienste nicht steuerfrei. Übrigens: Tatsächliche (Nacht-) Zuschläge bis 25 Prozent sind lohnsteuerbefreit (von 20 bis 6 Uhr), beziehungsweise sogar bis zu 40 Prozent in einigen Sonderfällen (bei Arbeitsbeginn nach 0 Uhr).
Rolle von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen
Oftmals spielen auch Betriebsvereinbarungen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung sowie Umsetzung von Bereitschaftsdiensten. Ihr diesen werden spezifische Regelungen für Arbeitszeiten, Vergütung sowie Ruhezeiten und Arbeitsbedingungen festgelegt. Durch diese – zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen getroffenen – Vereinbarungen können maßgeschneiderte Lösungen etabliert werden, die den Bedürfnissen der jeweiligen Branche oder Organisation gerecht werden. Die Höhe der Vergütung wird also nicht in vollem Umfang durch gesetzliche Vorschriften geregelt, sondern ist oftmals von Arbeitgeber:in zu Arbeitgeber:in unterschiedlich.
Unter welchen Voraussetzungen darf Bereitschaftsdienst angeordnet werden?
Da die Bereitschaftszeit, oder die Rufbereitschaft eine Sonderform der Arbeit darstellt (wie dies beispielsweise auch bei Überstunden der Fall ist), braucht es einen konkreten Bedarfsfall für diese. Nur dann kann diese von Arbeitgeber:innen angeordnet werden. Eine rechtliche Grundlage hierfür bietet beispielsweise der § 106 Gewerbeordnung (kurz: GewO), nach dem billiges Ermessen vorliegen muss. Als Beispiele hierfür gelten die folgenden Fälle:
kontinuierlicher Betrieb (zum Beispiel in der Energieversorgung oder im Verkehrswesen)
Notfälle (zum Beispiel gesundheitliche Notfälle oder Katastrophenschutz)
Wartung & Reparatur (zum Beispiel in Industriebetrieben oder in der Gebäudetechnik)
Servicebereitschaft (zum Beispiel in IT-Unternehmen)
Informationsbereitstellung (zum Beispiel Wetterdienste)
Notwendige Bereitschaftsdienste müssen ferner gleichmäßig unter den hierfür infrage kommenden Arbeitnehmer:innen verteilt werden.
Bereitschaftsdienst – Arbeitszeit erfassen
Gerade im Kontext von Bereitschaftsdiensten sollte die geleistete Arbeitszeit präzise und automatisiert erfasst werden können. Dies ist allein zur Einhaltung von arbeitsrechtlichen Vorgaben notwendig. Im öffentlichen Dienst ist die genaue Dokumentation von Arbeitszeiten (und eben auch Bereitschaftszeiten) gemäß eines wegweisenden Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zudem Pflicht. Vergütungstechnische Regelungen, wie beispielsweise Zuschläge finden sich dort im Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) wieder. Eine Softwarelösung wie flair zur Arbeitszeiterfassung ermöglicht es hier beispielsweise, den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende sowie den Einsatzort genau zu erfassen und aufzuzeichnen. Das erleichtert die individuelle Verwaltung von Arbeitszeiten natürlich in einem erheblichen Umfang. Entsprechende Lösungen gibt es mittlerweile auch als mobile Apps. Etwaige Systeme sparen vor allem Aufwand, sind genauer und ermöglichen insgesamt eine transparentere Abrechnung.
Wie ist die Vergütung der Bereitschaftszeit geregelt?
Bereitschaftsdienste und Einsätze während Rufbereitschaften zählen als Vollarbeitszeit und müssen genauso vergütet werden, wie die reguläre Arbeitszeit. Findet beides nachts sowie an Wochenende oder Feiertagen statt, so greifen die Regelungen der individuellen Betriebsvereinbarung (in Bezug auf Zuschläge). Zwar gilt grundsätzlich, dass sich Arbeitgeber:innen an den gesetzlichen Mindestlohn halten müssen, nicht aber an den tatsächlichen Lohn, falls dieser oberhalb des Mindestlohns liegt. Wird gemäß Tarifvereinbarung beispielsweise vertraglich fixiert, dass während Bereitschaftszeiten nur 50 Prozent des Arbeitslohns gezahlt werden, dann gilt nur dieser Anteil der Vollarbeit.
Fazit zum Thema Vergütung des Bereitschaftsdienstes und allen geltenden Regelungen
Das Thema Vergütung während Bereitschaftsdiensten sowie deren gesetzliche Bestimmungen sind ein komplexes Geflecht, die im Zweifelsfall stark individuell sind. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Jahre 2000 stufte die Bereitschaftszeit grundsätzlich als Vollarbeit und damit als Arbeitszeit ein. Arbeitgeber bestimmten bis dahin, ob es sich um Arbeitszeit oder anteilige Vollarbeit handelt – dies ist schon länger nicht mehr so. Wichtiger denn je ist daher eine zuverlässige und effektive Softwarelösung, wie die von flair, im Bereich der Arbeitszeiterfassung, die eine unkomplizierte Dokumentation und damit eine gerechte Entlohnung deiner Arbeitnehmer:innen ermöglicht. Sie sorgen dafür, dass der Bereitschaftsdienst fair entlohnt und gleichzeitig transparent erfasst wird.
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