HR Experteninterview mit Tim Wagener und Tammo Severin

Interview geführt von Christoph Rogge

Tim Wagener und Tammo Severin sind die Mitbegründer der digitalen Personalberatung Foxio Consulting und Partner bei CTG Consulting. In diesem Interview sprechen Tim und Tammo über die Auswirkungen von KI und Datenanalyse auf das Personalwesen und erörtern, wie HR-Technologien Voreingenommenheit reduzieren und mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten schaffen können.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach die HR-Technologie in den nächsten fünf Jahren entwickeln, insbesondere im Hinblick auf die Rekrutierungsprozesse?

Tim Wagener (TW): In den kommenden Jahren wird Künstliche Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle im HR-Bereich spielen, besonders beim Matching von Kandidaten zu Stellen. Manuelle Prozesse werden zunehmend automatisiert, was die Effizienz erheblich steigern wird. Die Ansprache von Kandidaten und das Führen von Interviews werden zunehmend digitalisiert, wodurch der gesamte Rekrutierungsprozess schneller und reibungsloser abläuft.

One-Klick-Bewerbungen werden zum Mainstream. Diese werden stark durch KI und Automatisierung unterstützt, was den Bewerbungsprozess sowohl für die Kandidaten als auch für die Unternehmen erleichtert. Gute Cadences, also durchdachte und regelmäßige Kommunikationsabfolgen, werden dabei sicherstellen, dass die Bewerber kontinuierlich informiert und eingebunden bleiben.

Tammo Severin (TS): Auch die Personalauswahl wird stark von KI beeinflusst werden. Denn KI kann eine große Menge an Daten analysieren und fundierte Vorschläge machen. Allerdings wird es weiterhin menschliche Einschätzungen brauchen. Die persönliche Beurteilung durch erfahrene HR-Profis bleibt unverzichtbar, um sicherzustellen, dass Kandidaten nicht nur fachlich, sondern auch kulturell gut ins Unternehmen passen.

Erfahrene Personalverantwortliche werden weiterhin unverzichtbar sein, da sie in der Lage sind, die Bewerber persönlich zu beurteilen und sicherzustellen, dass sie sowohl kulturell als auch fachlich gut zu uns passen.
Tammo Severin
Co-Founder von Foxio Consulting
Können Sie die Rolle der Analytik in der HR-Software erläutern und wie sie die Entscheidungsfindung in Unternehmen verändert?

TW: In den nächsten fünf Jahren dürfte die HR-Technologie erhebliche Fortschritte machen, die sich positiv auf die Rekrutierungsprozesse auswirken könnten. Eine der bedeutendsten Entwicklungen könnte die Fähigkeit sein, Krankheitsmuster zu erkennen und vorherzusagen, insbesondere im Bereich der mentalen Gesundheit. Dies könnte es Unternehmen ermöglichen, präventive Maßnahmen zu ergreifen und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter besser zu unterstützen.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Analyse von Gehältern. Mit fortschrittlichen Analysewerkzeugen könnten Unternehmen Gehälter sinnvoll erkennen, Benchmarks setzen und Pay Gaps sowie andere Formen von Diskriminierung aufdecken und adressieren. Dies würde nicht nur zur Fairness beitragen, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeiter in ihr Unternehmen stärken.

TS: Performance Reviews werden durch den Einsatz von Datenanalysen objektiver und konsistenter gestaltet - ebbst wie automatisierte Systeme die Leistungsmuster erkennen und konstruktives Feedback liefern, was zu einer gerechteren und transparenteren Bewertung führen würde.

Die Automatisierung dürfte aus unserer Sicht eine zentrale Rolle spielen. Ein einheitliches System zur automatischen Vertragserstellung und -versendung könnte z.B. Zeit sparen und Fehler reduzieren. Es könnte sicherstellen, dass alle Verträge den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und konsistent sind, was den gesamten Prozess effizienter machen würde. Die fortschreitende Technologie könnte die HR-Prozesse in vielerlei Hinsicht optimieren und verbessern.

Welche Trends zeichnen sich beim Onboarding neuer Mitarbeiter ab, und wie wirken sich diese Trends auf die Zukunft der Mitarbeiterbindung aus?

TW: Der Trend zu Remote- und Home-Office hat das Onboarding erheblich verändert. Eine besondere Entwicklung ist aus unserer Sicht die Einführung von Onboarding Buddies. Diese Mentoren helfen neuen Mitarbeitern, sich schneller zu integrieren, was die Bindung an das Unternehmen stärkt, da sie von Anfang an besser eingebunden sind, denn verteilte Teams können zu einem geringeren Commitment führen.

Um dem entgegenzuwirken, setzen wir schon länger verstärkt Maßnahmen wie die bereits erwähnten Onboarding Buddies ein. Durch regelmäßige virtuelle Treffen und gezielte Kommunikationsstrategien fördern wir das Gemeinschaftsgefühl und die Bindung. Moderne HR-Software spielt hier eine entscheidende Rolle, indem sie das Onboarding vereinfacht. Funktionen wie Videobotschaften ermöglichen es, wichtige Informationen und Willkommensnachrichten persönlich zu übermitteln, was gerade bei Remote-Teams die Integration erleichtert und das Onboarding effizienter gestaltet.

Laut DDI ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Technologiebranche rückläufig. Wie könnte dies Ihrer Meinung nach durch HR oder HR-Tech angegangen werden?

TS: Im Kontext von HR-Technologie könnten verschiedene Ansätze zur Reduzierung von Vorurteilen und zur Förderung der Vielfalt in Führungspositionen in der Technologiebranche verfolgt werden. Eine Möglichkeit besteht aus unserer Sicht darin, Algorithmen und Tools zu entwickeln, die bei der Auswahl von Führungskräften ein biasfreies Matching ermöglichen. Dies bedeutet, dass HR-Technologie so gestaltet werden kann, dass sie objektive Kriterien verwendet, um Kandidaten zu bewerten, und dabei persönliche Vorurteile oder unbewusste Vorlieben ausschließt.

Darüber hinaus können HR-Technologieplattformen Funktionen integrieren, die die Einbindung von Frauen in Förderprogramme erleichtern. Diese Programme könnten gezielt darauf ausgerichtet sein, Frauen in der Technologiebranche zu unterstützen und ihre Entwicklung durch Schulungen, Mentorings und Netzwerkmöglichkeiten zu fördern. Durch die Integration solcher Funktionen in HR-Tech-Lösungen können Unternehmen gezieltere und effektivere Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtervielfalt in Führungspositionen ergreifen.

Wie sehen Sie den Einfluss von KI und maschinellem Lernen auf die künftige Entwicklung von HR-Software?

TW: KI und maschinelles Lernen werden wie schon gesagt zweifellos einen enormen Einfluss auf die Zukunft der HR-Software haben. Diese Technologien ermöglichen eine schnellere, genauere und kostengünstigere Durchführung von Aufgaben wie dem Screening von Lebensläufen, der Kandidatenbewertung, der Personalverwaltung uvm. Darüber hinaus eröffnen sie Möglichkeiten, die wir vielleicht noch nicht einmal erahnen. Die HR-Software der Zukunft wird nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch für Überraschungen offen sein, die neue Wege der Kandidatenbewertung und des Personalmanagements eröffnen könnten.

Was ist die größte Herausforderung, vor der Ihr HR-Team heute steht, und was brauchen Sie, um sie zu lösen?

TS: Laut unserem Team besteht die größte Herausforderung derzeit darin, unsere Remote&Office Kultur weiterzuentwickeln. Wir haben festgestellt, dass weniger Homeoffice zu einem stärkeren Zusammenhalt führt und weniger zeitaufwändige Vorgänge bedeutet. Um dies zu lösen, benötigen wir eine verstärkte Förderung von persönlicher Interaktion und Zusammenarbeit im Büro, um unsere Teamdynamik zu stärken.

Wir stoßen aber auch auf bürokratische Hürden, die unseren Arbeitsablauf behindern. Eine Lösung wäre eine übergreifende Software, der den Verwaltungsaufwand reduziert und uns ermöglicht, effizienter zu arbeiten. Zudem ist es gerade in der Beratungsbranche wichtig, dass die Berater auch unterwegs Zugriff auf alle wichtigen Dokumente haben und zudem ihre Arbeitszeit dynamisch verwalten können.

Wie fördern Sie Engagement und Zufriedenheit, und welche innovativen technologischen Ansätze können Unternehmen nutzen, um die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit zu stärken?

TS: Wir fördern Engagement und Zufriedenheit durch verschiedene Maßnahmen. Einerseits organisieren wir regelmäßig Teamevents in Person, um den Zusammenhalt zu stärken. Andererseits setzen wir auf virtuelle ‘Coffee-Breaks’, bei denen zufällig zusammengestellte Duos sich online austauschen können. Zusätzlich führen wir regelmäßige Mitarbeiterbefragungen in Form von Pulse-Befragungen durch, um kontinuierlich Feedback zu erhalten und darauf reagieren zu können. Zur weiteren Unterstützung der Mitarbeiterbindung nutzen wir digitale Benefit-Tools wie z.B. Lunchit die zusätzlich zur Zufriedenheit beitragen.

Für uns bedeutet der Arbeitsplatz der Zukunft vor allem ein besseres Gleichgewicht zwischen dem Berufs- und dem Privatleben der Beschäftigten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Automatisierung, die manuelle und sich wiederholende Aufgaben reduziert und so eine Konzentration auf wertschöpfende Tätigkeiten ermöglicht.
Tim Wagener
Co-Founder von Foxio Consulting
Der Begriff “die Zukunft der Arbeit” wird heutzutage sehr häufig verwendet. Wie sehen Sie den Arbeitsplatz der Zukunft? Was sind Ihre wichtigsten Wünsche oder Prioritäten für die Gestaltung der Zukunft?

TW: Für uns bedeutet der Arbeitsplatz der Zukunft vor allem die bessere Vereinbarkeit von beruflichem und persönlichem Leben der Arbeitnehmer. Wir erwarten bei Aufgaben die nicht im Team zusammen erarbeitet werden müssen einen Anstieg von Freelancetätigkeiten und mehr örtliche Flexibilität, sodass Arbeitnehmer individuelle Aufgaben von überall aus erledigen können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Automatisierung, die manuelle und repetitive Aufgaben reduziert und so den Fokus auf wertschöpfendere Tätigkeiten ermöglicht.

Einige jetzt schon bekannte New Work Trends werden sich definitiv durchsetzen. Dazu gehören natürlich agile Arbeitsmethoden, die Einführung von Co-Working-Spaces und eine Kultur der kontinuierlichen Weiterbildung.

Thomas Jendriks

11 Jul 2024
Content Marketing Manager

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