Der Betriebsrat ist das Gremium im Unternehmen, das eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglicht. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) überträgt dem Betriebsrat die sogenannten Mitbestimmungsrechte. Gibt es ihn, sind Arbeitgeber:innen auch verpflichtet, mit ihm zu kooperieren.
Auf diese Weise kann die Arbeitnehmervertretung beispielsweise Einfluss auf Einstellungen und Kündigungen, Sozialpläne und Aufhebungsvertrag, Arbeitszeit- und Pausenregelungen, Gehaltsfragen, schwierige Themen wie Mitarbeiterüberwachung oder Gesundheitsschutz und auch auf die Einführung von Kurzarbeit nehmen.
Eine Pflicht zur Gründung eines Betriebsrates gibt es im deutschen Arbeitsrecht nicht. Soll das Gremium ins Leben gerufen werden, muss die Initiative zwingend aus der Belegschaft kommen. Betriebe ab fünf berechtigten Mitarbeitern (§ 7 BetrVG) können einen Betriebsrat wählen.
Die Betriebsratsarbeit ist ihrem Wesen nach ein Ehrenamt. In großen Betrieben werden die Mitarbeiter:innen jedoch häufig für die Ausübung dieser Tätigkeit freigestellt und trotzdem normal bezahlt.
Die Ausarbeitung, Verhandlung und der Abschluss von Betriebsvereinbarungen fallen in den Aufgabenbereich der Arbeitnehmervertreter:innen, denn sie sind das Instrument, mit dem das Gremium direkten Einfluss auf die Arbeitsverhältnisse im Betrieb nehmen kann.
Definition Betriebsvereinbarung
Betriebsvereinbarungen sind rein rechtlich gesehen Verträge zwischen Arbeitgeber:innen und Betriebsrat. Aus ihnen gehen, wie auch aus Tarifverträgen und Gesetzen, Pflichten für Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und den Betriebsrat selbst hervor.
Wesentliches Merkmal der schriftlichen Vereinbarungen ist, dass sie für alle Beschäftigten des Betriebes gleichermaßen und über einen längeren Zeitraum gelten. Leitende Angestellte gehören im Übrigen gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG nicht zum Personenkreis, für den die Betriebsvereinbarungen zutreffen.
Die Charakteristik der Betriebsvereinbarungen ermöglicht die Unterscheidung derselben von den sogenannten Regelungsabreden, bei denen es sich um formlose Absprachen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber:in handelt. Häufig finden wir diese Einzelfallregelungen auch unter den Bezeichnungen „betriebliche Absprache” oder „betriebliche Einigung”
Zustandekommen einer Betriebsvereinbarung
Gemäß § 77 Abs. 2 BetrVG ist es für die Gültigkeit einer Betriebsvereinbarung erforderlich, sie schriftlich niederzulegen. Weiterhin müssen beide Vertragsparteien die Niederschrift unterzeichnen. Der/die Betriebsratsvorsitzende signiert das Dokument stellvertretend für alle Betriebsratsmitglieder. Sodann sieht § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG vor, dass der Vertrag vom/von der Arbeitgeber:in an geeigneter Stelle, für alle Arbeitnehmer:innen zugänglich, per Aushang bekanntzumachen ist.
Geltungsbereich Betriebsvereinbarung
Grundsätzlich gilt die Betriebsvereinbarung natürlich nur für den Betrieb, in dem sie ausgehandelt wird. Dies halten wir aber trotzdem für erwähnenswert, da es durchaus möglich ist, dass sich eine Betriebsvereinbarung auf einen ganzen Konzern erstreckt - und zwar dann, wenn sie vom Konzernbetriebsrat mit dem/der Arbeitgeber:in verhandelt und unterzeichnet wurde.
Das Pendant zur Betriebsvereinbarung im öffentlichen Dienst ist im Übrigen die Dienstvereinbarung. Sie wird zwischen Personalrat und Dienststelle abgeschlossen und zeitigt, genau wie die Betriebsvereinbarung, normative Auswirkungen auf die betreffenden Dienstverhältnisse.
Tarifverträge, also die überbetrieblichen Regelungen, die von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften verhandelt und unter Beachtung geltender Gesetze abgeschlossen werden, stehen über den Betriebsvereinbarungen. Dies schreibt § 77 Abs. 3 BetrVG im sogenannten „Tarifvorrang” fest. Eine abweichende Abrede kann im Betrieb nur dann getroffen werden, wenn diese über eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag geregelt ist. Das Günstigkeitsprinzip ist zwar nicht gesetzlich festgelegt, die gängige Rechtspraxis jedoch zeigt, dass eine Verschlechterung der im Tarifvertrag geregelten Arbeitsbedingungen mittels Betriebsvereinbarung nicht zulässig ist.
Welche Arten von Betriebsvereinbarungen gibt es?
Innerhalb der Betriebsvereinbarungen unterscheiden wir zwischen zwei Arten. Auf der einen Seite stehen die freiwilligen Betriebsvereinbarungen. Das sind all diejenigen, bei denen Betriebsrat und Arbeitgeber:in ohne weitere Hilfe zu einer Einigung finden. Zwar wird ein Großteil der Betriebsvereinbarungen in diese Kategorie fallen, jedoch gibt es auch Situationen, in denen die Betriebsparteien alleine keine einvernehmliche Lösung herbeiführen können.
Für diese Fälle sieht § 87 Abs. 2 BetrVG die durch einen Spruch der Einigungsstelle erzwingbare Betriebsvereinbarung vor. Aber Achtung: Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates können nur erzwungen werden, wenn keine gesetzliche oder tarifvertragliche, also keine übergeordnete Regelung existiert (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Nur dann kann eine betriebliche Einigungsstelle angerufen werden, die die endgültige Entscheidung herbeiführt. Eine solche Instanz kann bei Bedarf gebildet werden oder dauerhaft existieren. Einzelheiten hierzu sind in § 76 BetrVG ausführlich festgeschrieben. Typischerweise findet sich ein Verweis auf die Einigungsstelle auch in den Schlussbestimmungen einer Betriebsvereinbarung.
Wer ist zuständig, wenn es mehrere Betriebsräte im Unternehmen gibt?
§ 47 BetrVG schafft die gesetzliche Grundlage für den Fall, dass es in einem Betrieb oder Konzern mehrere Betriebsräte gibt. Dann wird nämlich die Errichtung eines Gesamtbetriebsrates erforderlich. Dieser wiederum übernimmt zwar spezielle Aufgaben, stellt aber trotzdem keinen übergeordneten „Chef-Betriebsrat” dar. Seine Zuständigkeiten regelt § 50 BetrVG. Der Gesamtbetriebsrat regelt demnach Angelegenheiten, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Einzelbetriebe desselben gleichzeitig betreffen.
Inhalt der Betriebsvereinbarung
Die möglichen Inhalte von Betriebsvereinbarungen leiten sich hauptsächlich aus dem dritten Abschnitt des Betriebsverfassungsgesetzes mit dem Titel „Soziale Angelegenheiten” ab.
In § 87 BetrVG finden wir einige Themenbereiche für erzwingbare Betriebsvereinbarungen:
Betriebsordnung und Verhaltensregeln
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Pausenregelung
vorübergehende Ausweitung oder Verkürzung der Arbeitszeit
Zeit, Ort und Art der Gehaltszahlung
Regelung des Urlaubsanspruchs und der Urlaubsplanung
Mitarbeiterüberwachung
Gesundheitsschutz und Unfallverhütung
betriebliche Sozialeinrichtungen
entgeltliche Zurverfügungstellung von Wohnraum durch das Unternehmen
Lohngestaltung, leistungsbezogene Entgelte
betriebliches Vorschlagswesen
Gruppenarbeit und mobile Arbeit
§ 88 BetrVG regelt einen Teil des Themengebiets der freiwilligen Betriebsvereinbarungen. Dieses umfasst:
zusätzliche Maßnahmen zum Arbeits- oder Gesundheitsschutz
betrieblicher Umweltschutz
Gründung betrieblicher Sozialeinrichtungen
Vermögensbildungsmaßnahmen
Integration, Umgang mit Belästigung und Bekämpfung von Rassismus
Eingliederung schwerbehinderter Personen
Muster-Betriebsvereinbarung
Eine allgemeingültige Muster-Betriebsvereinbarung gibt es bedauerlicherweise nicht, da die Mitarbeiter:innen eines jeden Unternehmens unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse haben und es sich um branchenspezifische und höchst individuelle Angelegenheiten handeln kann. Zur erstmaligen Erstellung einer Betriebsvereinbarung solltest Du daher unbedingt einen Experten für Arbeitsrecht hinzuziehen oder zuverlässige Ratgeber konsultieren.
Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass im Rahmen dieses Blog-Artikels keine Rechtsberatung stattfinden kann. Er dient lediglich der allgemeinen Information und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit und fortlaufende Aktualität. Aufgrund der Fülle von möglichen Betriebsvereinbarungs-Inhalten ist eine abschließende Darstellung leider nicht möglich.
Beendigung der Betriebsvereinbarung
Die Regelungen einer Betriebsvereinbarung können auslaufen, gekündigt oder ersetzt werden:
Befristung
Der Vertrag wird von den Betriebsparteien von vornherein mit einer Gültigkeitsdauer versehen und erlischt dann automatisch zu diesem Datum. Laut § 77 Abs. 6 BetrVG gilt er jedoch so lange weiter, bis er durch eine neue Regelung ersetzt wird. Man spricht hier von der „Nachwirkung” der Betriebsvereinbarung.
Kündigung
Laut § 77 Abs. 5 BetrVG beträgt die ordentliche Kündigungsfrist drei Monate. Die Angabe von Gründen ist zwar nicht erforderlich, jedoch kann nicht willkürlich gekündigt werden. Auch eine mündliche Erklärung der Kündigung ist wirksam. Aus Gründen der Nachweisbarkeit wird sie aber meist schriftlich ausgesprochen.
Ersatz
Wird eine aktualisierte Betriebsvereinbarung zum gleichen Thema ratifiziert, so setzt dies die bestehenden Regelungen automatisch außer Kraft. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied im Jahr 2008, dass das Günstigkeitsprinzip hier nicht zur Anwendung kommt (BAG, 23.01.2008 - 1 AZR 988/06). Die neue Betriebsvereinbarung kann Arbeitnehmer:innen also durchaus schlechter stellen.
Regelung Arbeitszeiterfassung in Betriebsvereinbarung
Das Thema Arbeitszeiterfassung verdient aufgrund der aktuellen rechtlichen Lage besondere Aufmerksamkeit und sollte unbedingt in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein. (Eine einzelvertragliche Änderung ist nicht zu empfehlen, da im Falle von Modifizierungen jeder Arbeitsvertrag korrigiert werden müsste.)
Noch im Jahr 2023 soll nämlich ein Gesetz verabschiedet werden, das Arbeitgeber:innen zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems verpflichtet. Das System soll objektiv, verlässlich und zugänglich sein und, da es mit einer großen Menge an personenbezogenen Daten arbeitet, muss es absolut sicher sein.
Mit den zu regelnden Themen wie beispielsweise Beginn und Ende der Arbeitszeit, Datensicherheit, Mitarbeiterüberwachung, innerbetriebliche Weitergabe der Daten und Aufbau der Auswertungen ist die Arbeitszeiterfassung ein klassisches Thema, das der Zustimmung des Betriebsrates und einer Betriebsvereinbarung bedarf. Und nicht zu vergessen: einer digitalen Lösung.
Arbeitszeiterfassung mit Software
Bevor Du für dein Unternehmen eine Software zur Arbeitszeiterfassung anschaffst, hast Du dir in der Regel schon viele Gedanken zur Struktur und Effizienz gemacht. Häufig verfügen Unternehmen gerade im Personalwesen schon über eine solche Vielzahl von digitalen Systemen, dass ein weiteres Programm zur Arbeitszeiterfassung zunächst belastend erscheint.
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